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Alle reden vom Gendern – wir auch!

Was ist „gendern“ eigentlich? „Gendern“ bedeutet, inklusive Sprache zu nutzen, also eine Sprache, die nicht rein männlich konnotiert ist und nur männliche grammatische Formen benutzt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten zu gendern, gerade im schriftlichen Sprachgebrauch. Die am meisten verbreitete,  aber auch umstrittenste Form ist die Nutzung des sogenannten Gendersterns: Man schreibt Schüler*innen oder Lehrer*innen zum Beispiel statt männliche und weibliche Personen unter „den Lehrern“ oder „den Schülern“ „einfach“ mitzumeinen.

Ziel des Genderns ist es,  durch die aktive sprachliche Einbindung von allen Geschlechtern für die Gleichberechtigung der Geschlechter zu sensibilisieren. Viele Menschen sind deshalb für das „Gendern“, es gibt aber auch einige Gegenstimmen. Die Nutzung des Gendersternchen in der Schriftsprache wurde in hessischen Schulen sogar von der Regierung verboten. Deshalb habe ich zu diesem Thema zwei Interviews geführt, eines mit einer Deutschlehrerin und das andere mit einer Sozialpädagogin. Beide möchten anonym bleiben.

Für die Deutschlehrerin spielt vor allem die eine große Rolle, dass das Gendern mit dem Gendersternchen teilweise zu grammatischen Fehlern führen kann. Des Weiteren gibt sie zu bedenken, dass das Gendern eine Verkomplizierung der Sprache darstellt, was sie schwierig findet, da es sowieso einen Rückgang der Sprachkompetenz, vor allem bei Schülerinnen, gibt. Außerdem seien Menschen, die eine andere Muttersprache als Deutsch gelernt haben, mit dem Umgang mit der schwierigen Sprach Deutsch, mit dem Gendern überfordert. Sie glaubt, dass sich erst die Gesellschaft ändern muss, damit sich dann – als Folge – der Sprachgebrauch verändert.

Dies sieht die Sozialpädagogin anders. Für sie ist klar, dass Sprache einen großen Einfluss auf das Denken hat und sie glaubt, dass die Veränderung des Sprachgebrauchs auch Veränderungen in der Gesellschaft zur Folge haben kann. Für sie ist vor allem der soziale Aspekt des Genderns wichtig, weshalb sie selbst gendert. Als Sozialpädagogin ist es ihr sehr wichtig darauf zu achten, Sprache zu nutzen, die alle mit einschließt. Sie selbst ist mit einem binären Geschlechtssystem aufgewachsen – also der Auffassung, dass es nur Männer und Frauen gibt – hat aber die Erfahrung gemacht, dass es eben Menschen gibt, die sich nicht einem Geschlecht eindeutig zuordnen können. Sie möchte durch ihre Sprache dafür sorgen, dass diese Menschen nicht darunter leiden müssen. Sie möchte eine diskriminierungsfreie Sprache, durch die sich jeder Mensch willkommen fühlt. 

Außerdem findet sie es wichtig, durch die sensible Sprache Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit für Geschlechterthemen zu schaffen und sie ist sich sicher, dass ohne diese Debatte das Bewusstsein für das Thema viel geringer wäre. Das sieht sie als Beleg dafür, dass Sprache eben auch Gesellschaft und gesellschaftliche Debatten beeinflussen kann. 

Nachdem ich die verschiedenen Standpunkte gehört habe, habe ich versucht, mir meine eigene Meinung zu bilden. So, wie jede*r das tun sollte!! 

Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Sprache in der Lage ist, sich weiterzuentwickeln und zu verändern. Vergleicht man die Sprache heute mit der von vor 100 Jahren, kann man klare Unterschiede erkennen. Es werden täglich neue Begriffe genutzt, die zum Beispiel aus anderen Sprachen „eingedeutscht“ werden, während andere Redensarten überhaupt nicht mehr genutzt werden. Warum sollte das beim Gendern anders sein? Gendern soll dabei unterstützen, die über Jahrhunderte lange Betonung des männlichen Geschlechts zu durchbrechen. Der Genderstern oder Doppelpunkt ist nicht die perfekte Lösung und auch fehlerhaft, aber ist das ein Grund, gendern abzulehnen oder gar zu verteufeln? Sollte man nicht eher versuchen, eine Sprache zu finden, die inklusiv und grammatisch korrekt ist? Es ist sehr schade, dass man, anstatt sich mit dem Thema zu befassen und Lösungen zu finden, es einfach verbietet, denn Veränderung ist unausweichlich und es ist sicher, dass es gesellschaftlichen Wandel braucht, denn es gibt nun mal kein System, in dem völlige Gleichberechtigung herrscht. Sich also einfach vor dieser Wahrheit zu verschließen, wird am Ende zu nichts führen. Warum also nicht einfach die Menschen, die ein Stück mehr Gleichberechtigung und Inklusion in die Welt tragen möchten, genau das tun lassen? Am Ende kann man immer noch selbst entscheiden, ob man gendern möchte oder nicht.

Von Luna Bender, E-Phase