Skip to main content

Korrekturen und Noten…

Bekommen wir heute die Klausur zurück?“
„Nein, noch nicht, ich habe auch noch ganz viele andere Klausuren zu korrigieren.“

Fast jedes Schulkind hat diese Situation schon einmal erlebt. Man hat die Arbeit endlich geschrieben und ist super aufgeregt und neugierig, welche Note man hat, man kann es kaum abwarten – und dann? Dann erfährt man, dass man noch länger warten muss. Da kommt bei vielen Schulkindern Frustration auf. Sie haben das Gefühl, unfair behandelt zu werden, da sie selbst ja auch verschiedene Fächer haben, in denen sie Hausaufgaben machen und für die sie lernen müssen. Die Begründung der Lehrkraft, man habe noch so viele andere Klausuren zu korrigieren, empfinden sie dann als Ausrede. Aus Schülerperspektive ist das in solchen Momenten ganz klar eine Doppelmoral.

Die meisten Schüler möchten die Arbeit nicht nur möglichst schnell zurück, weil sie ungeduldig sind, sondern weil ihre Note bedeutend und wichtig ist. Da das deutsche Schulsystem auf Noten basiert, entsteht oft ein unfassbarer Druck auf Schüler*innen. Bei vielen kommt hinzu, dass sie von zuhause Druck bekommen, gute Noten zu schreiben. Durch eine Arbeit oder Klausur kann man dann einschätzen, wo man in diesem Fach steht und ob man sich vielleicht nochmal extra anstrengen muss, um eine gute Note zu bekommen, weil es in der Arbeit nicht so gut lief. Auf der anderen Seite kann eine gute Note auch sehr entlastend sein, weil man sich dann vielleicht keine Sorgen mehr machen muss, in einem Fach zu bestehen.

Diese Aspekte führen bei den meisten Schülern dazu, dass sie sehr ungeduldig mit den Lehrer*innen sind und deren Situation außer Acht lassen. Für Lehrkräfte sind die Korrekturen von Klausuren nämlich immer ein großer Aufwand, der über den normalen Schulalltag und die Vor- und Nachbereitung ihrer Stunden hinaus zu leisten ist. Während der Klausurenphase haben sie teilweise über 100 Klausuren, die zu korrigieren sind. Im Durchschnitt und je nach Fach brauchen Lehrer*innen für die Korrektur einer Oberstufenklausur mit ca. 600 -1000 Wörtern rund eine Stunde – plus-minus. Wenn man das 100 mal machen muss, dauert das schon eine Weile. Hinzu kommt, dass es schlichtweg langweilig wird, wenn man 25 mal das gleiche Thema korrigieren muss. Deshalb erleben viele Lehrer*innen das Korrigieren in Klausurphasen so, als müssten sie sich durch die ganzen Klausuren hindurch quälen. Dadurch geht manchmal auch die Motivation verloren.

Wenn die Klausur dann zurück gegeben wird, haben viele Lehrkräfte das Gefühl, die Schüler interessiert bloß die Note und dann wird die Klausur schnell weggepackt. Deshalb machen sich manche überhaupt nicht die Mühe, eine differenzierte Rückmeldung zu geben. Stattdessen wird neben den Text der Arbeit einfach nur „falsch“ geschrieben oder die Aufgabe wird durchgestrichen. Dabei wünschen sich viele Schülerin genauere Erklärungen, was sie denn genau falsch gemacht haben oder warum sie jetzt eine Note schlechter geschrieben haben als ihre Freundin. Schüler*innen sind oft der Meinung, dass sie inhaltlich das gleiche wie ihre Nachbar*innen geschrieben haben und verstehen nicht, wieso sie eine schlechtere Note erhalten. In solchen Momenten fühlt man sich unfair behandelt oder ist manchmal auch total verwirrt. Wenn man dann eine Verbesserung machen muss, hat man keine Ahnung, was verbessert werden muss. Eine gute Lösung dafür ist ein Erwartungshorizont, den die Lehrkraft vor der Korrektur verfasst und den die Schüler auch bekommen. Dadurch erhalten die Schüler*innen genügend Feedback dazu, was sie falsch gemacht haben, und sie fühlen sich auch nicht mehr unfair behandelt, weil die Bepunktung besser nachvollziehbar ist. Außerdem spart die Lehrkraft dadurch auch Zeit, da sie nicht immer wieder individuell bewerten muss, sondern sich einfach am Erwartungshorizont entlang hangeln kann. Um generell Frustration und Stress sowohl bei Lehrkräften als auch bei Schüler*innen zu vermeiden, könnten Schüler etwas mehr Geduld mit ihren Lehrkräften haben und die Lehrkräfte sich im Gegenzug mehr Zeit für eine transparente und faire Bewertung nehmen.

Luna Bender, E-Phase