Schuluniform, Regen, Tee und Bücher – drei Schulmonate in England
Ich habe von August bis Dezember 2022 in der Nähe von Newcastle, im wunderschönen Nordengland, an der schottischen Grenze ein britisches Landleben geführt.
Typisch englischen Tee trinken, dabei lesen und auf die Landschaft schauen, die an die aus Harry Potter oder einem Märchen erinnert. Große, weite Felder, die sich über die bergige Landschaft erstrecken, dazwischen eine unglaubliche Menge an Schafen, von denen es in Hexham (meinem Landkreis) mehr gibt als Menschen und typisch englische Cottages. Da es sehr viel regnet, richten sich die Menschen ihre Häuser besonders gemütlich ein, sehr häufig mit Kaminen.
Wir haben meinen Auslandsaufenthalt privat organisiert, ich habe selber Familie in Hexham und habe durch sie eine perfekte Gastfamilie, bestehend aus meinen Gasteltern, einer Gastschwester in meinem Alter und zwei Gastbrüdern, die bereits ausgezogen sind, gefunden, die mich sehr liebevoll aufgenommen hat und in der ich sehr glücklich war.
Ich bin dort auf die örtliche Highschool gegangen. Ungewohnt war für mich, dass die Schule sehr viel kleiner war als die Bettinaschule und deutlich weniger Diversität vorhanden war, was sich teilweise sehr in den Denkweisen widergespiegelt hat. Viele Schüler*innen denken, alles über die Welt zu wissen und so über andere urteilen zu können, kennen allerdings nichts anderes als ihr Umfeld, wo es kaum Menschen mit verschiedener Herkunft gibt wie bei uns, fast alle kommen aus der Umgebung oder dem Dorf selber. Jede*r kennt jede*n, die meisten sind verwandt, jeder „Tea“ (umgangssprachlich für Klatsch und Tratsch) ist sehr schnell an alle verbreitet.
Schule beginnt erst um 8:50 Uhr mit der sogenannten Form class, zu vergleichen mit einer Tutorstunde, und endet jeden Tag für alle gleich um 15:15 Uhr. Unterrichtet wurde ich in neun Fächern, einige davon gibt es in Deutschland nicht, wie z.B. Food and nutrition (Essen und Ernährung), wo man abwechselnd selber Rezepte kocht und über die Bestandteile von Essen, wie z.B. Gluten lernt, und PSHE, ein Kurs über mentale Gesundheit, den man alle zwei Wochen hat und in dem man etwas über Themen wie Stress, Depressionen und Angstzustände lernt. Ich würde sagen, dass die Anforderungen in der Schule um einiges geringer sind, der Fokus liegt zudem viel mehr auf dem Prozess der Verbesserung statt auf perfekten Noten und Schule ist generell mehr auf individuelle Bedürfnisse ausgelegt, zum Beispiele durch Kurse mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden.
Ich habe viele verschiedene Menschen getroffen und sehr viel dabei gelernt, über unsere Gesellschaft, über andere Kulturen und Lebensweisen, z.B. über das Leben verschiedener sozialer Klassen und das Leben geflüchteter Menschen. Bevor ich nach England gefahren bin, habe ich bereits fließend Englisch gesprochen, hatte also keine Sprachbarriere, habe trotzdem unglaublich viel dazugelernt, aber ich habe vor allem auch sehr viel über mich selbst gelernt. Da ich in diesen vier Monaten mehr oder weniger auf mich allein gestellt war, wurde ich sehr viel selbstständiger, unabhängiger und habe mehr Vertrauen in mich selbst entwickelt. Ich habe sehr viel aus dieser Zeit gezogen und würde jede*m empfehlen, für eine Zeit ins Ausland zu gehen.
Helena Koch-Mendoza, E-Phase