“What we really need is a femininomenon!”
Am 05. November fanden die Wahlen in den USA statt. Zur Wahl standen der Republikaner Donald Trump, der von 2016 bis 2020 bereits Präsident war, und an Stelle des noch amtierenden Präsidenten Joe Biden, der im Juli dieses Jahres zurücktrat, die Demokratin Kamala Harris. Harris ist bis zur Amtsübergabe an Trump Anfang 2025 noch Vize-Präsidentin der Vereinigten Staaten. Sie war und ist damit die erste afroamerikanische und asiatisch-amerikanische Person in dieser Position.
Harris wurde 1964 als Tochter einer Inderin und eines Jamaikaners geboren. Sie studierte Politik- und Wirtschaftswissenschaften und schloss anschließend ein Studium in Rechtswissenschaften ab, woraufhin sie ab 1990 als Anwältin arbeitete. Ab 2003 war sie Bezirksanwältin in San Francisco. Schließlich trat sie 2011 ihr Amt als Attorney General an, in dem sie Aufgaben einer Generalstaatsanwältin und Justizministerin übernahm. Später wurde sie Senatorin für den Staat Kalifornien.
Im Verlauf ihres Werdegangs vertrat Harris immer wieder Menschen- sowie Kinderrechte. Ihre generell liberale und demokratische Einstellung stellt sie immer wieder klar dar, auch jüngst im Wahlkampf. So plädierte sie beispielsweise klar für das Recht auf Abtreibung oder auch für ein verschärftes Waffengesetz. Ihre Ziele und Ansichten präsentierte sie vor allem in den Fernsehdebatten, meist ruhig und kompetent, während Trump oft vage blieb und teilweise Lügen und Gerüchte erzählte. Mit ihrer Art brachte Harris eine ganz neue Atmosphäre in den Wahlkampf ein, in dem man zuvor Debatten sehen konnte, in denen es oft darum ging, das Gegenüber mit verbalen Attacken zu demütigen statt sachlich aktuelle Themen zu diskutieren und sich durch Sachkompetenz darzustellen.
Auch sonst brachte Kamala Harris einen ganz neuen Wind in die Politik. Sie setzte ein Zeichen, indem sie dafür stand, die erste weibliche Präsidentin der USA sein zu wollen, sowie, nach Obama, auch die zweite schwarze Person, die dieses Amt bekleidet hätte. Harris Selbstdarstellung unterscheidet sich weitgehend von der der anderen Kandidaten der letzten Jahre. Ihre Werbung spricht weitestgehend die jüngere Generation an, so singt beispielsweise auf einer ihrer Rallys Meghan Thee Stallion, eine Rapperin, die eigentlich eher bei jüngeren Menschen bekannt und geschätzt ist. Besonders viel Werbung macht sie auf der Plattform TikTok.
Die aktuelle Atmosphäre in der Weltpolitik ist sehr angespannt. Es gibt viele Probleme, Konflikte und Kriege, für die Harris vermutlich auch keine Patentlösungen bereit gehalten hätte. Doch durch ihre Kandidatur schreibt sie jetzt schon Geschichte. Sie setzt dadurch ein Zeichen, nicht nur für alle Frauen und Mädchen, die zu ihr aufschauen, sondern auch gegen Rassismus und für die Demokratie.
Nach der Trump-Wahl
Der 6. November, Tag der US-Wahlen: Hier in Frankfurt schaue ich in viele enttäuschte Gesichter. Trump hat gewonnen. Für mich ist klar, dass dieser Tag ein großes Zeichen setzt. Trump ist ein verurteilter Straftäter, der sowohl rassistisch, extrem intolerant gegenüber LGBTQ+ – Menschen als auch sexistisch ist. Aus seinen zum Teil ungenauen und konfusen Reden lassen sich grundlegende Vorhaben erkennen, wie z.B., dass er nicht bereit ist, die Klimakrise zu achten und eine entsprechende Politik zu machen. Viele Trumpwähler*innen waren sich dessen bewusst. Und: Nach der Wahl habe ich mir eine Dokumentation der Tagesschau angeschaut, in der eine Frau meinte, sie würde Harris nicht wählen, da sie nicht glaube, dass Frauen in der Lage seien, ein Land zu regieren.
Die Wahl war nicht nur ein politischer Rückschlag für die USA und die ganze Welt, sondern auch ein tiefer Rückschlag für den Feminismus, für die Demokratie und für Toleranz und Akzeptanz. Meine Gedanken sind bei allen Frauen und Mädchen, die nun das grundlegende Recht verlieren, über ihren eigenen Körper entscheiden zu können. Bei allen Trans*- Personen, die nun in Angst leben müssen. Eine solche Wahl in einem Land, welches als eines der am weitesten entwickelten Länder gilt, macht Millionen Menschen, auch mich, sprachlos, wütend und auch hoffnungslos.
Dennoch: wie auch Harris selbst in ihrer Rede am Wahlabend gesagt hat, es bringt nichts, die Hoffnung nun aufzugeben. Sie hat in ihrer Concession-Speech – der Rede, in der sie ihre Niederlage einräumte, auf Youtube anzuschauen – souverän und kämpferisch deutlich gemacht: Die Ideen und Ideale, für die sie steht, haben ihre Gültigkeit nicht verloren. Sie sagt zu Recht, dass es auf die Jugend ankommt. Wir müssen weiter kämpfen, weiter hoffen, für eine bessere Welt, für Chancengleichheit, das Recht auf Selbstbestimmung, Fairness, Freiheit, soziale Gerechtigkeit und eine Kultur der Gemeinschaft statt eine der Ausgrenzung.
Von Helena Koch-Mendoza, Q1